Man soll nicht sagen, dass Gott nicht alles versucht hätte! Die Wunder, die durch die Apostel geschehen sprechen sich überall herum und die Wege, an denen sie lang gehen sind mit Kranken gesäumt, die sich allein von ihrer Nähe Heilung versprechen. Es ist unübersehbar, dass Gott mit dieser „neuen Sekte“ ist. Gott zeigt aber nicht nur dem Volk, wo’s nun lang geht, er macht damit auch dem Hohen Rat deutlich, dass sie sich verrannt haben und umdenken müssen.
Doch zur Aufgabe der über Jahrhunderte aufgebauten Macht ist die Priesterkaste nicht bereit und hält an ihren Glaubenssätzen und Dogmen fest, woraus zumindest für den Hohen Rat ganz natürlich folgt, dass die Apostel falsch liegen müssen. Die Lehre der Apostel wird damit mehr und mehr zum ernsthaften Problem. Mehrfach werden diese daher – wenn auch höflicher als beim ersten Mal – vor den Rat gebracht, verhört und ermahnt. Jedes Mal erhält der von Petrus dieselbe Antwort: Die Prophezeiungen sind in Christus erfüllt. Wir, die Apostel, folgen nur seinen Geboten!
Selbst einsperren nützt nichts! Nachts werden die Apostel
durch den Engel des Herrn befreit, der ihnen nochmal den eindringlichen Auftrag
erteilt überall das Evangelium zu verkünden.
Ja, Gott tut Wunder oder anders ausgedrückt: Gott greift
aktiv ein, um dem Volk und den Priestern, seinen Willen deutlich zu machen. Doch
nur wer auch willens ist, sich von ihm Augen und Ohren öffnen zu lassen, wird in
den Geschehnissen den Willen Gottes erkennen.
Die großen christlichen Kirchen erleben seit Jahrzehnten
einen kontinuierlichen, zeitweise galoppierenden Mitgliederschwund.
Gleichzeitig klagt besonders die katholische Kirche über einen zunehmenden
Priestermangel. Die Pfarreien sind daher nach vielen Re- und Neuorganisationen
heute, die von einem Pfarrer zu betreuenden Schäfchen betreffend, fast doppelt
so groß als vor 50 Jahren. Wenn man gleichzeitig die insgesamt rückläufige
Mitgliederzahl berücksichtigt, kann man davon ausgehen, dass ein Pfarrer heute
ein Gebiet zu betreuen und zu versorgen hat, das drei-, ja vielleicht viermal
so groß ist wie damals. Keine guten Voraussetzungen zur wirksamen Verbreitung
des Evangeliums. Es ist daher inzwischen fester Bestandteil eines jeden
Gottesdienstes für neue Priester zu beten … und nichts tut sich.
Wirklich? Sollte Gott seine Kinder im Stich gelassen haben?
Das ist nach meinem Glauben und Erleben völlig auszuschließen! Gott sendet
jedem genau das, was er braucht, auch der römisch-katholischen Kirche und daher
bin ich sicher, er sendet uns genügend Priester. Die Frage ist, sind unsere
Anführer bereit die Gaben unseres Herrn anzunehmen, auch wenn sie
offensichtlich nicht deren Erwartungen entsprechen? Ja, die ersten zwölf
Apostel hatten eine dreijährige Ausbildung und waren allesamt Männer. Bei den
ersten Priestern ist das schon nicht mehr so deutlich. In jener Dachkammer
saßen 120 Personen, Männer und Frauen, und alle empfingen den Heiligen Geist.
Ja, nach den Beschreibungen der Apostelgeschichte geschahen die Wunder und
Zeichen im Beisein der Apostel, jene etwa 5000 Personen der ersten Gemeinde
waren durch ihr lebendes Beispiel aber allesamt Priester und verkündeten allein
dadurch, dass sie Teil dieser ersten Versammlung waren das Evangelium. Die
Zeichen Gottes für den Hohen Rat waren überdeutlich und sein Weckruf an selbigen
nicht zu überhören: „Ihr habt es euch zu bequem in eurer Position gemacht!
Verwechselt eure liebgewonnenen Gewohnheiten und Bräuche nicht mit meinem
Willen!“ Doch die Führung der Gläubigen hörte nicht auf ihre Führung, den
Herrn. Die Folge war – ganz weltlich ausgedrückt – Mitgliederschwund, die
Anführer dieser neuen Sekte erwiesen sich als die besseren Hirten.
Und ist das nicht auch genau die Situation, die wir im
Moment erleben? Niemand kann sagen, das Interesse an Gott hätte nachgelassen,
die Menschen würden heute nicht mehr nach Gott suchen. Ja, für die
Oberflächlichen, die es zu allen Zeiten gab, gibt’s heute ein breiteres Angebot
an Zerstreuung, Ablenkung und Konsum, aber gleichzeitig erleben Freikirchen,
charismatische Bewegungen und andere kleine christliche Gruppierungen ebenfalls
einen beachtenswerten Zulauf.
Christus prägte das Bild vom guten Hirten, der 99 Schafe
zurücklässt, um das eine verlorene aufzuspüren und zurückzubringen. Die Oberhirten
der katholischen Kirche (die der evangelischen Kirche vermutlich auch) müssen
aufpassen, dass sie nicht sämtliche 100 Schafe davonziehen lassen, weil sie
nicht bereit sind, den vermeintlich sicheren Raum, gebaut aus – wenn auch in
bester Absicht, so doch – selbst erdachten Regelungen und Verordnungen, zu
verlassen und sich wieder den Elementen der Welt auszuliefern – genau so, wie
es einst unser Heiland gemacht hat, als er seinen Thron im Himmel verließ um
seinen Schafen nachzugehen, die sich zerstreut hatten.
Da wo die Menschen sind, da ist euer Auftrag! Und da ist
auch Gott und wartet auf euch – allerdings nicht ewig.
Und der große Rest, der treu zu seiner Kirche steht und
besorgt auf die Entwicklungen blickt, der muss sich natürlich fragen: Was
hatten jene 5000, was wir nicht (mehr) haben? Die Zeichen und Wunder allein können
es nicht gewesen sein, denn sonst hätte sich diese Versammlung Christi
spätestens nach dem Tod des letzten Apostels wieder aufgelöst, genau wie
Gamaliel es gesagt hatte, als die übrigen Mitglieder des Hohen Rates die
Apostel umbringen wollten. Auch für uns „Laienpriester“ geht es darum, den
bequemen Platz des neutralen Glaubenskonsumenten zu verlassen. Jede und Jeder
braucht eine persönliche Haltung zum Evangelium und zu ihrem/seinem Gott. Für
jeden hat Gott eine Aufgabe in der Versammlung bereitet; keine wäre so klein,
dass sie ohne Bedeutung wäre – der Zustand unserer „Versammlung der unerledigten
Aufgaben“ zeigt uns dies ebenso überdeutlich.
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